Naturnahe Teichwirtschaft
Der Karpfen ist der Hauptfisch
Als Hauptfisch der Teichwirte gilt nach wie vor der Karpfen. Dieser konnte in den hunderten Jahren der Teichwirtschaft schlichtweg mit seinen Eigenschaften überzeugen.
Sei es die Robustheit beim Handtieren, der hervorragende feine Geschmack seines Fleisches oder das große Wachstumspotential des Fisches, keine Fischart konnte dem Karpfen in der Teichwirtschaft bisher das Wasser reichen. Eine weitere besondere und positive Eigenschaft des Karpfens liegt darin, Stärke verwerten zu können. Dadurch war es möglich, die Fischerträge der Teiche durch ein Zufüttern von Getreide zu steigern, ohne wie bei anderen Fischarten üblich, hochwertiges tierisches Protein einsetzen zu müssen.
Wie die Landschaft so der Fisch
Die naturnahe Teichwirtschaft garantiert beste Fischqualität aber auch den Fortbestand der Teiche als typisches Landschaftselement des Waldviertels.
„Das falsche Bild des fetten Karpfens konnte endlich auch in der öffentlichen Wahrnehmung ausgeräumt werden, zumindest größtenteils“, betont Leo Kirchmaier, Geschäftsführer des NÖ Teichwirteverbandes. Denn die positiven Argumente konnten die Konsumenten schlichtweg überzeugen. So braucht der Karpfen mit einem durchschnittlichen Fettgehalt von 4 bis 7 % den Vergleich mit anderen Fischarten keineswegs zu scheuen. Jedenfalls ist die oftmals beschriebene Klassifikation als Fettfisch einfach falsch. Das heißt: Fische wie Lachs, Makrele, Aal, Thunfisch und Hering liegen mit rund 11 bis 25 % Fettanteil weit über jenem des Karpfens.
Fettgehalt des Karpfens im Hinblick auf Fettsäurezusammensetzung
Aber der Fettgehalt an sich ist keineswegs entscheidend. Vielmehr ist es die Fettsäurezusammensetzung. „Es sind die vielen sogenannten mehrfach ungesättigten Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren, die den Fisch so wertvoll machen. Diese sind für die menschliche Ernährung äußerst wichtig, weil sie vom Körper nicht selbst hergestellt werden können und über die Nahrung aufgenommen werden müssen“, so Leo Kirchmaier weiter. Für eine optimale Versorgung sollte man daher ein bis zwei Portionen Fisch pro Woche konsumieren. Mit einem durchschnittlichen Fischkonsum von nur rund acht Kilogramm Fisch pro Kopf und Jahr erreichen die Österreicher diese Ernährungsempfehlung noch nicht. Die Tendenz ist aber steigend, auch wenn sich die Österreicher in Sachen Fischkonsum noch immer im untersten Drittel der EU befinden.
Vom ganzen Karpfen zum geschröpften Karpfenfilet
Die Verarbeitung von Karpfen kann auf vielfältige Art und Weise erfolgen. Die traditionellen Verarbeitungsvarianten reichen in Österreich von ausgenommenen und entschuppten Karpfen bis hin zu halbierten Karpfen und 2 bis 3 cm starke Hufeisen oder auch Karpfensteaks genannt. „Mittlerweile ist aber das geschröpfte Karpfenfilet nicht mehr aus den Regalen wegzudenken und hat heute fast gänzlich die Karpfen im Ganzen ersetzt“, berichtet Leo Kirchmaier über den lokalen Absatz. Beim Schröpfen werden die sogenannten Y-Gräten, also die Zwischenmuskelgräten, in kurzen Abständen von wenigen Millimetern durchtrennt. Beim anschließenden Erhitzen in der Pfanne oder im Backrohr ziehen sich diese kurzen Grätenstücke dann zusammen und sind somit für den Gaumen nicht mehr spürbar. Das Schröpfen kann entweder von Hand oder maschinell mit einem Schröpfgerät erfolgen. Werden die Filets nicht nur eingeschnitten, sondern in kurzen Abständen ganz durchgeschnitten, dann erhält man Karpfenstreifen, die für die Herstellung von "Karpfenknusper", "Karpfenchips" oder "Fischlocken" immer mehr an Beliebtheit gewinnen.
Rotes und weißes Fleisch - eine Besonderheit des Karpfenfleisches
Eine Besonderheit des Karpfenfleisches besteht in der Unterscheidung zwischen "rotem" und "weißem" Muskelfleisch. Dieser farbliche Unterschied lässt sich besonders gut bei der Verarbeitung zu den sogenannten Hufeisen erkennen. Für die unterschiedliche Färbung verantwortlich sind zwei verschiedene Muskelfasern, die auch unterschiedliche Funktionen bei der Muskelkontraktion übernehmen. „Während rote Muskelfasern beim Fisch immer aktiv und für langsame Kontraktionen verantwortlich sind, erlauben die weißen Muskelfasern dem Karpfen durch intensive Kontraktion, hohe Geschwindigkeiten zum Beispiel bei der Flucht zu erreichen“, weiß Leo Kirchmaier. Generell ist das Karpfenfleisch durch den geringen Anteil an Bindegewebe leicht verdaulich und besitzt eine hohe biologische Wertigkeit, da sich die Eiweißzusammensetzung durch viele essenzielle Aminosäuren auszeichnet.
Waldviertel ist Karpfenregion Nummer 1
Von den ca. 2.700 Hektar Teichfläche in Österreich, liegen ca. 1.650 Hektar in Niederösterreich. Die Schwerpunktregionen der österreichischen Karpfenteichwirtschaft sind dabei das Waldviertel sowie die Südoststeiermark. Im Waldviertel liegen auch die drei größten Karpfenteiche Österreichs mit jeweils über 50 Hektar Teichfläche: Gebharts-, Haslauer- und Winkelauer Teich. Insgesamt werden pro Jahr rund 750 bis 800 Tonnen Karpfen in Österreich produziert, rund die Hälfte davon im Waldviertel.